„Die Akzeptanz ist noch nicht überall gegeben“

Interview mit Amateur-Trainerin Franziska Lähn

Franziska Lähn hat als Trainerin die Verantwortung für die Frauen-Mannschaft des SV Merkur Hademarschen. Im Interview spricht die B-Lizenz-Inhaberin über die Akzeptanz von Trainerinnen, das Verletzungsrisiko von Spielerinnen während der Menstruation sowie die Trainer*innenausbildung im SHFV.

Was macht eine gute Trainerin aus?

Als Trainerin ist es wichtig, genau diese Frage für sich zu beantworten und zu reflektieren. Ich habe in meiner Zeit als Trainerin gemerkt, dass es wichtig ist, authentisch zu bleiben und sich mit der Mannschaft und den Zielen zu identifizieren, um über einen längeren Zeitraum eine Mannschaft zu trainieren und diese vor allem zu entwickeln. Dabei spielt Kommunikation eine große Rolle. Die Spielerinnen sollen das Gefühl haben, mit allen Dingen zu mir kommen zu können. Außerdem sollten Anforderungen an das gesamte Team sowie an jede einzelne Spielerin immer transparent kommuniziert werden, um auch schwere Entscheidungen gegenüber den Spielerinnen vertreten zu können. Ich liebe diesen Sport und versuche, dies durch Spaß und Freude im Training, bei den Spielen und beim Drumherum vorzuleben. Disziplin, Verlässlichkeit und Respekt – all diese Dinge fordern wir Trainerinnen ein und sollten diese ebenso vorleben. All diese Facetten einer Trainerinnenpersönlichkeit sind die Basis, um die eigene Fachkompetenz an das Team und die Spielerinnen weiterzugeben und diese weiterzuentwickeln. Dabei sollten die Spielerinnen immer maximales Vertrauen von mir als Trainerin verspüren.

Ist für Dich ein Unterschied zwischen Trainer und Trainerin zu erkennen? Gibt es vielleicht sogar Vor- und Nachteile einer weiblichen Perspektive?

Prinzipiell denke ich, dass es keinen Unterschied zwischen der Fachkompetenz von Männern und Frauen im Fußball gibt. Daher möchte ich gar nicht von Vor- und Nachteilen als Trainerin sprechen. Jedoch sind wir noch ein wenig davon entfernt, dass dies von allen Spielerinnen und Spielern so auch wahrgenommen wird und dadurch die Akzeptanz von Frauen als Trainerinnen im Fußball noch nicht überall gegeben ist. Am Anfang meiner Trainerinnentätigkeit habe ich es häufig erlebt, dass mich Trainerkollegen vor den Spielen fragten, wer denn der „richtige“ Trainer sei. Dies ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass es im Seniorenbereich kaum Trainerinnen gibt. Dabei kann ich nur allen Vereinen mitgeben, dass eine gute Trainerin genauso hervorragende oder sogar bessere Arbeit im Frauen- oder Herrenbereich leisten kann.

Gründe für vermehrte Verletzungen im Frauenfußball sind neben den mangelhaften Strukturen auch die unterschiedliche Anatomie sowie der Menstruationszyklus. Dieses Thema wird auch immer stärker in den Medien diskutiert und die UEFA hat mittlerweile einen Expertenausschuss für Frauengesundheit ins Leben gerufen. Inwieweit spielen diese Punkte für dich als Trainerin eine Rolle?

Meine Spielerinnen kennen ihren Körper am besten und wir haben klar kommuniziert, dass sie mir mitteilen sollen, wenn sie das Gefühl haben, dass kein Training oder Spiel sinnvoll erscheint. Natürlich ist es manchmal schmerzhaft, wenn eine Spielerin bei einem Spiel nicht mitwirken kann. Ich bin jedoch der Meinung, dass mein Team langfristig mehr davon hat, wenn alle Spielerinnen jederzeit mit optimalen körperlichen Bedingungen in ein Spiel gehen. Unterstützung finde ich dabei auch bei unserer Physiotherapeutin. Besonders in der Zeit der Menstruation sollte man achtsam sein, da die Verletzungsrate während der Menstruation erhöht ist. Durch die Anatomie der Frau wird das vordere Kreuzband häufig stärker belastet als bei Männern. Diesen Umstand sollte man kennen und im Training Zeit für plyometrische Übungen und Beinachsenstabilisation einbauen.

Wie nimmst Du die höhere Verletzungsquote im Vergleich zum Männerfußball wahr?

Ich denke, dass sich Frauen nicht häufiger als Männer verletzen. Jedoch haben Frauen häufiger schwere Bänderverletzungen am Knie und Sprunggelenk. In meinem Team habe ich in den letzten fünf Jahren glücklicherweise nur selten schwere Verletzungen miterleben müssen. Besonders bitter ist jedoch zu beobachten, dass eine Spielerin wiederholt von schweren Verletzungen am Knie betroffen ist. Da muss man sich als Trainerin natürlich reflektieren und schauen, ob die Spielerin optimal auf die Belastung vorbereitet ist.

Sollte in Zukunft bei dem Training für Mädchen und Frauen stärker auf Athletik gesetzt werden, um Verletzungen vorzubeugen?

Im Amateurfußball kann man durchschnittlich von einem Trainingspensum von 2 x 1,5 Stunden pro Woche im Seniorenbereich ausgehen. In diesen drei Stunden möchte man natürlich inhaltlich viel vermitteln und sich auf die anstehenden Aufgaben für das Wochenende vorbereiten. Es fehlt häufig die Zeit für ausgiebige Athletikeinheiten. Ich versuche eher, Trainingseinheiten so anzupassen, dass plyometrische Übungen sowie Stabilisationsübungen für die Beinachse enthalten sind. Außerdem sollte den Spielerinnen bereits in jungen Jahren transparent gemacht werden, was der Körper braucht, um optimal auf die Wettkampfsituation vorbereitet zu sein. Man kann den Spielerinnen demnach ausreichend Tipps und Hinweise für den Alltag mitgeben. Das Problem der Verletzungshäufigkeit im Amateurbereich sehe ich eher darin, dass viel zu häufig Vorbereitungspläne geschrieben werden, die nicht den Alltagsanforderungen einer Spielerin im Amateurbereich entsprechen. Eine Überbelastung direkt nach der Sommerpause führt häufig zu Verletzungen am Anfang der Saison. Spielerinnen sollten demnach darauf vorbereitet werden, was sie im Laufe der Saison erwartet, und dies sollte sich dann nicht nur im Vorbereitungsplan, sondern auch auf den Trainingsplänen der Einheiten in der Saison wiederfinden lassen. Dazu gehören dann die angesprochenen Übungen, um Bänderverletzungen von Knie- und Sprunggelenken vorzubeugen.

„Zu wenig Zeit, zu hohe Ausbildungskosten“ – gerade junge Mädchen, die die Aufgaben einer Trainerin interessant finden, entscheiden sich mit diesen Argumenten häufig gegen eine Trainerinnenlaufbahn. Und das obwohl gerade weibliche Trainer immer gefragter sind. Was sind deine Gegenargumente?

Natürlich muss das Ausüben einer Trainerinnentätigkeit zu den zeitlichen Ressourcen passen. Da man selbst die Trainingseinheiten plant, hat man einen gewissen Spielraum, was die Trainings- und Spieltage angeht. Die Kosten für Lizenzen sind durch die neue Ausbildungsordnung gestiegen, jedoch zahlen die meisten Vereine die Ausbildungen für ihre Trainer*innen. Da habe ich bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Sind diese Hürden erstmal genommen, kann ich nur von Vorteilen einer Trainerinnentätigkeit berichten. Gerade junge Frauen können unheimlich von der Persönlichkeitsentwicklung einer solchen Tätigkeit profitieren. Besonders positiv sind mir die Lehrgänge der C- und B-Lizenz in Erinnerung geblieben. Ich habe heute noch Kontakt zu den Teilnehmer*innen und tausche mich über Erfahrungen aus. Die Lehrgänge an sich haben unheimlich viel Spaß gemacht und man konnte sehr viel Wissen von den Referent*innen mitnehmen. Im Alltag als Trainerin ist es besonders schön, die Fortschritte der Spielerinnen und Spieler zu erkennen. Ich habe auch das Gefühl, dass wir im SHFV besonders gute Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich der Trainerinnen haben. Erst letztes Jahr gab es einen reinen B-Lizenz-Frauenkurs und mit Anouschka Bernhard haben wir eine Verbandssportlehrerin, die als Fußballlehrerin viel Erfahrung an junge Trainerinnen weitergeben kann und junge Frauen in ihren Auswahlteams als Trainerinnen einsetzt und fördert. Ich sehe es auch so, dass Frauen als Trainerinnen immer gefragter sind und ich jeder Trainerin nur empfehlen kann, die Chance zu nutzen und eine Laufbahn als Trainerin zu starten. Wenn man Spaß und Freude am Fußball hat, sollte man sich nicht scheuen, eine Lizenz zu machen. Dabei ist es egal, ob man viel Erfahrung als Spielerin mitbringt oder nicht. Die Spielerinnen und Spieler wären dankbar, wenn mehr lizenzierte Trainerinnen in den Vereinen tätig wären und ihr Wissen weitergeben würden.